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Nazis?
Demokraten? Im Oktober 2003 entbrannte in der Kölner Linken ein Streit, der es in sich hatte. Konkreter Anlass war unsere Veranstaltung zur Kritik des Massenansatzes der Antifa, ausdrücklich von uns auch auf die Antifa K bezogen. In der Veranstaltungsankündigung hieß es: "Die negative Aufhebung des Klassenantagonismus in Form der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft, die im gemeinsam begangenen Massenmord an den europäischen Juden kulminierte, denunzierte jeden Versuch, Deutsche als Masse zu organisieren. Aus dieser Tatsache aber, dass der Nationalsozialismus die deutsche Form der Massenbewegung war, den Schluss zu ziehen, dass eine solche kein Mittel gegen den Faschismus sein kann, schon gar nicht in Deutschland, dazu ist die Mehrheit der deutschen Antifas nicht in der Lage. So wird 'Antifaschismus' zum inhaltsleeren Label massenverliebter Linker, die mit dem Kampf gegen Faschismus nichts zu tun haben, und sich stattdessen, wie z.B. die Antifa K, als 'radikalen' Teil der Antiglobalisierungs- und anderer populärer Bewegungen, wie der Friedensbewegung, verstehen. Betrachtet man diese konterrevolutionären Bewegungen, so verwundert es auch nicht mehr, dass nichts sagende Parolen wie 'Nazis raus' das einzige sind, was man zu hören bekommt, wenn solche Leute gegen Nazis demonstrieren: inhaltlich ist man sich in der Hauptsache einig." Insbesondere der letzte Satz alarmierte die linken Aktivisten, die sich rundheraus entschlossen, die Veranstaltung zu stören. So trotteten etwa 30 selbsternannte Antifas zu unserer Veranstaltung und versuchten durch ständige Pöbelei eine Diskussion zu verhindern, was ihnen freilich nicht gelang. Und auch die besonders Pfiffigen, die vor dem Veranstaltungsraum Kuhmist ausleerten, machten sich mit ihrem dazugehörigen Bekennerschreiben nur lächerlich. Darin schrieben sie: "Heute Abend will die den sogenannten 'Antideutschen' zuzurechnende Gruppe 'Georg-Weerth-Gesellschaft', die Lieblingsparole deutscher Reaktionärer und Konservativer 'Links gleich Rechts' auf ihrer Veranstaltung 'Antifa und Massenansatz' zum Besten geben. (...) Antifaschisten und Nazis gleichzusetzen praktiziert seit Jahren die 'neue Rechte' in Deutschland. (...) Als Antifaschist/innen haben wir keine Lust eine solch reaktionäre geschichtsrevisionistische Veranstaltung ungestört über die Bühne gehen zu lassen. Da wir nicht mit den Veranstaltern diskutieren wollen, kommen wir nur kurz vorbei und haben etwas Gülle mitgebracht, die aber wohl trotzdem nicht so stinken dürfte wie der rechte Mist der hier heute verzapft werden soll." (Zeichensetzung wie im Original - d. Verf.) Damit stand das Urteil fest: wer die ideologische Übereinstimmung von Nazis und Linken bemerkt, ist ein Rechter, wer mit den Nazis übereinstimmt, ist bloß falsch verstanden worden. (1) Und zu allem Überfluss lieferte der Referent der Georg-Weerth-Gesellschaft Köln auch noch scheinbar den Beweis für dieses Urteil: "Um aber doch ein klares Feindbild in Köln zu haben, verpasst sie (die Antifa K) keine Gelegenheit, die rassistische Bürgerbewegung Pro Köln in eine Nazi-Partei umzulügen, die sie nicht ist, und den Nationalsozialismus damit um sein zentrales Element, den Antisemitismus, welcher eben bei Pro Köln nicht im Vordergrund steht, zu verkürzen und somit zu verharmlosen." Auf indymedia wurde das Gesagte dann kurz und bündig so zusammen gefasst: "Antideutsche verteidigen Neonazis!" Wie schnell aus einer Kritik an einem allzu einfach gestrickten Denkmuster die Verteidigung einer unstrittig befremdlichen Partei gemacht wurde, hatte sogar uns überrascht. Nun, nach einigem zeitlichen Abstand, wollen wir für all diejenigen, die damals nicht zur schreienden Meute gehörten, noch einmal zum Thema zurückkehren. (2) Nazis? Es ist der Antifa K durchaus als Verdienst anzurechnen, dass sie durch Recherchetätigkeit enttarnen konnte, aus welchem Milieu die führenden Kader von Pro Köln stammen. (3) Insbesondere der Chefkader Manfred Rouhs verkehrt auch heute noch in Neonazikreisen und betreibt den Verlag Europa vorn, der die Zeitschrift Signal herausgibt. Jedoch war schon angesichts der Kundgebung gegen das Kölner Grenzcamp 2003 zu spüren, dass mittlerweile ein großer Riss durch die Reihen der extremen Rechten geht, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem staatlichen Antifa-Sommer betrachtet werden muss. Die Kameradschaften beispielsweise distanzierten sich angesichts des Grenzcamps von Pro Köln und warfen ihnen Opportunismus vor, so dass es zwei getrennte Demonstrationen gab. (4) Das war nicht immer so, schließlich arbeiteten Pro Köln lange Zeit mit den neonazistischen Kameraden zusammen, mit denen sie einst gemeinsame Organisationen teilten. Der politische Ursprung von Pro Köln liegt, das kann niemand anzweifeln, bei den Neonazis. Leider ist mit der politischen Herkunft aber noch nicht notwendigerweise das Wesen einer Partei benannt, eine Tatsache, die zu ignorieren schon immer eine große Schwäche von Antifaschisten war, die gerne Detektiv spielen, aber sich um materialistische Kritik nicht scheren. Der Antifa K kam es darauf an, Pro Köln den Schleier der Bürgerlichkeit vom Gesicht zu reißen und sie als Nazi-Partei zu outen: "Pro Köln ist keine demokratische Organisation, wie sie vorgibt." (5) Als Argument für ihre These führen sie den Rassismus ins Feld: "Rassismus ist das bestimmende Merkmal dieser Partei." (6) Nun ist es aber gerade so, dass Pro Köln, neben allerhand tatsächlich rassistischer Äußerungen, auf die noch zurückzukommen sein wird, sich beständig vom Rassismus abgrenzt: "Die Bürgerbewegung Pro Köln bekennt sich uneingeschränkt zu rheinischer Weltoffenheit und Toleranz." (7) Nun wäre es infam, einzuwenden, das antirassistische Lamento könnte nur ein Trick sein, um bei der Bevölkerung Anklang zu finden. Infam deshalb, weil von der angeblichen Nazi-Partei schon rein logisch nicht mehr viel übrig bleibt, wenn sie ihre Inhalte tatsächlich denen der Demokraten anpasst. Zur Demonstration gegen den Bau einer Moschee, die freilich ohne Unterstützung der Neonazis von den Freien Kameradschaften oder der NPD dasselbe lächerliche Bild abgegeben hätte, wie die letzten Demonstrationen, bei denen nur ein Dutzend Parteimitglieder zusammen kamen, schrieb Pro Köln in ihrem Aufruf explizit, man wolle nicht pauschalisieren und habe auch nichts gegen den Islam, nur wolle man eben keine Moschee im christlichen Deutschland: "Radikale, verfassungsfeindliche Islamisten sind in die Schranken zu weisen." Dass diese Demonstration selbstverständlich nicht als Kritik am Islam schön geredet werden darf, weil Pro Köln ja nicht deshalb gegen den Bau einer Moschee auf die Straße gegangen ist, um die Propagierung einer antisemitischen, frauenfeindlichen und homophoben Elendsideologie zu kritisieren, sondern weil sie das, was für sie deutsche Kultur ist, retten wollen, versteht sich von selbst. Die sogenannte deutsche Leitkultur kann nicht positiv bestimmt werden, weil das einen positiven Bezug auf den Nationalsozialismus, der - gelinde gesagt - seine Spuren in der bundesrepublikanischen Gesellschaft hinterlassen hat, einschließen müsste. Vom Nationalsozialismus aber muss sich jeder abgrenzen, der in der Politik Erfolge erzielen will. Deswegen bedarf es der negativen Bestimmung dessen, was deutsch ist. Die Antwort von Pro Köln lautet: deutsch ist, was nicht islamisch ist. Die Mehrheit der Deutschen inklusive Regierung sieht das jedoch anders. Sie akzeptieren gerade Islamisten bereitwillig als Bündnispartner und Gesinnungsgenossen (8) wider die "Amerikanisierung", sprich: Individualismus, Liberalismus, Egoismus (9). Eine deutsche Partei muss beständig erklären, dies oder das sei nicht deutsch, um das zu leisten, was die sich nach Zugehörigkeit zum Kollektiv sehnenden nachbürgerlichen Subjekte so dringend wünschen: Sie muss das Bild eines starken Kollektives entwerfen, dass den Subjekten glaubhaft Hoffnung macht, im großen Ganzen aufgehen zu können, um nicht mehr länger den alltäglichen Anforderungen des Subjektseins ausgesetzt zu sein. Pro Köln macht sich wie jede andere Partei an diese Aufgabe und versucht beständig eine Massenbasis für ihre Version volksstaatlicher Herrschaft zu gewinnen. Weil Pro Köln jedoch noch immer den Schatten der neonazistischen Vergangenheit nicht abzuschütteln vermocht hat, gelingt ihnen dieses Unterfangen nicht. Die Antifa (10) weiß das ebenso wie die SPD: Nazis haben in Deutschland als politische Kraft keine Chance. Deswegen betonen beide, Pro Köln sei eine Nazi-Partei, womit sie sich einerseits vor der Kritik am Postnazismus drücken und andererseits potenziellen Wählern das unmoralische Angebot machen, der staatlichen Sortierung von Menschen gegenüber dem dumpfen Straßen-Rassismus den Vorzug zu geben. Nicht einmal die Abgrenzung vom Rassismus und das Eingeständnis, auch dem Islam gegenüber durchaus tolerant zu sein, nutzt Pro Köln. Sie haben auf´s falsche Pferd gesetzt. Mit der Hetze vor Überfremdung lässt sich in Deutschland, dem Land, in dem der Kulturrelativismus die Außenpolitik leitet, kein Blumentopf gewinnen (höchstens eine Weißwurst). Der Rassismus der deutschen Bürger äußert sich nicht als Islamfeindschaft (11), sondern als Forderung an den Staat, keine Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt ins Land zu lassen. Dass Pro Köln diese Form von "Rassismus" vertritt, ist unstrittig, nur ist das kein Kriterium zur Bestimmung der Besonderheit von Pro Köln. Jede Partei vertritt, mehr oder weniger offen, die Ansicht, die Zuwanderung müsse ihre Grenzen haben. Das tun sie nicht bloß aus Fremdenfeindlichkeit, sondern aus innerer Notwendigkeit heraus. Als Partei, die bestrebt ist, irgendwann einmal Deutschland zu regieren, müssen sie sich erstens dafür stark machen, den Bürgern weiterhin das Gefühl zu vermitteln, durch die Zusammengehörigkeit zur Nation miteinander verbunden zu sein, die sich - wie oben schon angesprochen - nur durch Definierung dessen, was nicht deutsch ist, herstellen lässt. Nicht deutsch ist nämlich nicht nur der "Amerikanismus", sondern auch die Ausländer, in denen die Deutschen aber im Gegensatz zum "Juden" (als Verkörperung des "Amerikanismus") keine ernsthafte Bedrohung wittern, sondern bloß der völkischen Auffassung folgen, diese gehörten nicht nach Deutschland, weil sie Angehörige eines anderen Volkes seien (12). Zweitens aber haben sie als Politiker nur an einem Interesse: den Erfolg Deutschlands, der durchaus auch daran gekoppelt ist, wie viele für den Produktionsprozess Überflüssige der Staat alimentieren muss. Pro Köln: "Pro Köln plädiert für eine Zuwanderungspolitik, die sich an den Verhältnissen auf Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie den Integrationsmöglichkeiten unserer Stadt orientiert." In Zeiten, in denen die materielle Seite des Sozialstaates ohnehin abgebaut wird, weil sich das gigantische Sozialsystem der Bundesrepublik unter den alles entscheidenden Gesichtspunkten der Verwertbarkeit nicht mehr tragen lässt (13), muss jede Partei, ob sie nun grün, schwarz oder gescheckt ist, die Zuwanderung stoppen. Aber auch darum wird sich, spätestens wenn sie an der Macht ist, keine Partei drücken können: diejenigen, die von Unternehmen gebraucht werden, z.B. indische Computerexperten, sind immer willkommen. Insofern bleibt vom Begriff des Rassismus auf staatlicher Ebene wenig übrig, weil er dort durch rationale Überlegungen, die innerhalb der Irrationalität kapitalistischer Warenproduktion liegen, verdrängt wurde. Die rassistischen Bürger, die ihre Ansprüche als Deutsche an den Staat stellen, werden dadurch beruhigt, dass ihnen stetig vorgeführt wird, dass es anderen noch schlechter geht als ihnen. Deshalb die unmenschlichen Behausungen, in denen Asylbewerber untergebracht werden, deshalb auch die Vorstadtghettos, die ganz bewusst so angelegt sind, dass fast nur Ausländer, die weder Jobs bekommen noch Geld vom Staat erhalten, welches über die Sozialhilfe hinausgehen würde, dort wohnen, weil ihnen zu einer anderen Wohnlage schlicht das nötige Äquivalent fehlt. Wenn in Köln-Weidenpesch der Bürgermob unter dem Motto "Keine Klaukids in Weidenpesch!" auf die Straße geht, dann äußerst sich der Wunsch, bloß die Verelendeten außerhalb der Stadt zu quartieren, um nicht mit der offensichtlichen Armut der bettelnden und stehlenden Kinder konfrontiert zu werden. Und wieder: So beschissen es uns auch gehen mag, immerhin müssen unsere Kinder nicht klauen. Pro Köln schmeißt sich dem Mob an den Hals und kommt mit acht Leuten inklusive Transparent. Wie es sich für eine Partei gehört, sammelt sie Stimmen und da ihr das Geld fehlt, um aufwendige Veranstaltungen zu inszenieren, ist sie darauf angewiesen, bei jedem Einzelnen nachzufragen, ob er denn nicht Pro Köln unterstützen wolle. Die Antwort, das sollte klar sein, lautet in fast allen Fällen: nein. Schon bei einer Demonstration gegen "Klaukids" in Köln-Poll, bei der sich Pro Köln wieder an den Mob anschmiegte, wurde deutlich, dass Pro Köln unerwünscht ist. Die Anwesenden mochten nicht wirklich gerne mit den Schmuddelkindern der Politik in Verbindung gebracht werden. (14) Wer schärfere Töne gegen Ausländer will, um praktische Umsetzung geht es den Hetzenden ja oft nicht einmal, wählt die CDU. Und auch Vertreter von SPD und Grünen lassen hin und wieder mal einen derben rassistischen Spruch ab, der zwar ihrem üblichen Zivilgesellschaftsgefasel widerspricht und auch sofort die moralischen Zeigefinger folgen lässt, aber damit bringen sie in Erinnerung, dass auch sie äußerst besorgt sind um die Integrität der deutschen Nation. Demokraten? Gesetzt den Fall, Pro Köln wäre trotzdem eine Nazi-Partei, die ihre Ziele bloß hinter einer demokratischen Maske verberge: Wie steht es denn eigentlich mit dem Demokratieverständnis von Pro Köln? Während die historischen Nationalsozialisten das Parlament ausschalteten und alle bürgerlichen Rechte außer Kraft setzten, um einen autoritären Führerstaat einzusetzen, vertreten Pro Köln das Konzept direkter Demokratie, dass ja auch von Linken, z.B. den Graswurzelanarchisten, beständig gefordert wird. Pro Köln: "Korruption, Klüngel und Parteibuchwirtschaft in der Stadtverwaltung sind zu bekämpfen (...) Die Verwaltung muss dringend professionalisiert, entbürokratisiert und vor allem verjüngt werden. Bürgernähe darf nicht nur ein Schlagwort sein, sondern muss praktiziert werden. Die demokratische Teilnahme der Kölner Bürger an Entscheidungsprozessen ist zu fördern." Pro Köln präsentiert sich als Stimme des Volkes und kündigt an, im Falle einer Regierungsbeteiligung dem Kölner Klüngel an den Kragen zu gehen. Sie hetzen gegen die korrupten Politiker und präsentieren sich selbst als ehrliche Makler des Volkswillens. Ihre Agitation gilt einem Staat, der nicht mehr von schnödem Einzelinteresse irgendwelcher mit der Industrie verbandelten Politbonzen geführt wird, sondern eine echte Volksherrschaft ist, verstanden als Unterordnung aller unter das Gemeinwohl. Darin drückt sich die konstitutive Schizophrenie der Staatsbürger aus, die einerseits den Staat verehren, weil sie an seinem Tropf hängen und er der Garant für das Überleben zu sein scheint, die andererseits aber den Staat hassen, weil er sie ständig gängelt. Sie spalten diesen Hass ab, in dem sie sauber zwischen der abstrakten Idee des Staates und dem Staatspersonal unterscheiden. In der Personifikation eines egoistischen, rücksichtslosen Politbonzen können sie hassen, ohne ihre Liebe zum Staat aufgeben zu müssen. Im Gegenteil: Je mehr sie gegen Korruption und Klüngelwirtschaft hetzen, desto mehr verteidigen sie den echten Staat und machen sich mit seinem Interesse gemein. Zu diesem Zwecke hetzen sie gegen Arbeitsunwillige und am mit harter deutscher Arbeit finanzierten Sozialstaat schmarotzende Ausländer. Darin gleichen Pro Köln allen anderen Parteien, bloß drücken sie sich unverhohlener aus, weil sie genau wissen, dass sie sowieso keine Chance auf Regierungsbeteiligung haben. Eine andere Bürgerbewegung, die da schon bessere Aussichten hat, ist das Kölner Bürger Bündnis. Die SPD-nahe Organisation gleicht Pro Köln inhaltlich aufs Wort, versteht es aber sich als pluralistische Einheitsbewegung zu präsentieren: "Das Wesentliche an unserer Idee ist, dass wir uns inhaltlich nicht positionieren wollen." (15) Aber dann positionieren sie sich doch, und zwar so, wie es sich für eine Bürgerbewegung, wie eben auch Pro Köln eine ist, gehört: "Zum Tummelplatz ideologischer Streitigkeiten, zum Spielfeld von Machtinteressen und zur Basis von Karrieren und persönlicher Bereicherung" sei die Kölner Kommunalpolitik verkommen. Und die Stadt Revue merkt kritisch an: "Da finden sich sinnvolle Forderungen - Bürgerhaushalt, direkte Demokratie und transparente Ratsentscheidungen - neben umstrittenen Zukunftsvisionen." Niemandem fällt auf, dass die Demokratievorstellungen von Pro Köln und dem Kölner Bürger Bündnis identisch sind: direkte Demokratie, Transparenz - richtige Volksherrschaft eben. Die Frage nach der Befürwortung einer parlamentarischen Demokratie oder einem autoritären Führerstaat entpuppt sich hier als bloße Farce: Die Staat gewordene Bewegung des Volkes repräsentiert die unendliche und legitime Autorität, die direkte Demokratie demaskiert sich selbst als höchste Form der Diktatur. Gerade weil die Vermittlung zwischen Volkswillen und Staatsräson - Politik - in der direkten Demokratie aufgehoben werden soll, können Volk und Staat zur Volksgemeinschaft verschmelzen, wie es im Nationalsozialismus geschehen ist. Dass es durchaus seine guten Gründe hat, den Deutschen keine direkten Entscheidungen zu ermöglichen, sollte das Beispiel Todesstrafe (16), aber auch die Ausländerpolitik (17) aufzeigen. Die Bürger sind so fanatisch auf ihr Feindbild des am Volkskörper schmarotzenden Politbonzen gebannt, dass sie meinen, ständig alle Kräfte des Volkes mobilisieren zu müssen. (18) Dieses Krisenbewusstsein, welches das Sein stets nur aus der Katastrophe her denkt, sich stets umzingelt wähnt und meint, sich in einem Ausnahmezustand zu befinden, muss entschlossen sein, sich für seine Sache, welche die des Kollektives ist, zu opfern. Solange die wirkliche Krise in Latenz verharrt und sich der Volkszorn immer aufs Neue in den Kampagnen gegen Sozialschmarotzer, Juden, Ausländer und die USA entladen kann, fällt das Krisenbewusstsein immer wieder in einen Zustand zurück, in dem es auf kleiner Flamme kocht. Bis zum Ausbruch in der sehnsüchtig erwarteten Katastrophe, begnügt sich der Bürger mit kurzen, meist verbalen Attacken. Ein Vorschein dieser Katastrophe war Anfang der Neunziger Jahre zu spüren, als die Bürger sich tatsächlich zum Mob zusammenrotteten. Sehr schnell aber merkten sie, dass die Zeit noch nicht gekommen war, dass der Ausnahmezustand nur ein kurzfristiger sein würde. Seither fiebern die Deutschen dem großen Schicksalserlebnis Krieg entgegen, wie unschwer an den antiamerikanischen Massendemonstrationen gegen den Irak-Krieg zu erkennen war. An diesen Massendemonstrationen aber, das sei hier angefügt, beteiligten sich alle deutschen Parteien. 93% der Deutschen waren gegen die USA, selbstverständlich auch Pro Köln, die sich ansonsten aus der Weltpolitik erklärtermaßen raushalten: "Mit der breiten Mehrheit der Deutschen lehnt die Bürgerbewegung Pro Köln e.V. den Krieg der US-Amerikaner und Briten gegen den Irak ab. (...) Die Stationierung westlicher Streitkräfte in den islamischen Ländern und der Weltherrschaftsanspruch der US-Regierung sind die maßgebliche Ursache des islamistischen Terrorismus in aller Welt. Krieg führt nicht zu weniger, sondern zu mehr Terrorismus." Zweifellos ist diese Erklärung von einem antisemitischen Ressentiment beseelt, dass den Antisemitismus der Gotteskrieger auf die Aggressivität des amerikanischen Imperialismus zurückführt. Zweifellos auch fällt der Begriff der "Weltherrschaft" keineswegs zufällig, sondern weil Pro Köln die USA mit dem "jüdischen Prinzip" identifizieren. Bloß unterscheiden sich Pro Köln dadurch nicht von anderen deutschen Parteien, bei denen "Weltherrschaftsanspruch" dann eben "Unilateralismus" genannt wird und die immer von den Israelis in Gang gesetzte sogenannte "Gewaltspirale" angeblich am Terror schuld ist. Besonders aber in der Linken sind nicht einmal in der Diktion Unterschiede zu erkennen. So schreibt die Gruppe "Kein Blut für Öl!", mit der die Antifa K immerhin zusammen gegen den Sturz Saddams demonstriert hatte (19), in ihrer Broschüre "Freiheit für Palästina!": "Nach seinem Propagandafeldzug wird Bush höchstens 2 bis 3 Monate vergehen lassen können vor dem nächsten Angriff, sonst hat die Weltelite auf Druck ihrer Bevölkerung die Notwendigkeit eines Krieges für den Erhalt der Weltherrschaft der USA bald wieder vergessen, und die Propaganda war umsonst." (20) Dass die USA nicht, wie es Kein Blut für Öl! in ihrem katastrophischen Wahn vorausgesagt hatten, zwei oder drei Monate nach dem Irak in den Iran einmarschiert sind, ist nur Indiz dafür, wie wenig sich solche Paranoia an der Realität noch orientieren kann. Postnazistische Demokraten! Was also unterscheidet das Demokratieverständnis Pro Kölns von dem der herkömmlichen bürgerlichen Parteien? Auch Pro Köln zweifelt nicht die Trennung von Legislative, Judikative und Exekutive an und fordert keine Abschaffung des Parlamentes. Pro Köln präsentiert ungenierter aber auch unprofessioneller, was SPD und Co. auch verkörpern wollen: eine Partei, die von allen Partikularinteressen abstrahiert, um sich dem Wohl des Ganzen zu verschreiben. (21) Eine Volkspartei eben. Einen vermeintlichen Unterschied jedoch gibt es: Pro Köln weigert sich, den Begriff "Partei" zu verwenden, hat dieser bei ihnen doch ausschließlich negative Bedeutung ("Altparteien"). Sie bezeichnen sich als "Bewegung" und greifen damit tatsächlich auf die nationalsozialistische Tradition zurück. In einem Wahlaufruf der NSDAP von 1932 heißt es beispielsweise: "Der Führer unserer nationalsozialistischen Freiheitsbewegung, die sein Werk ist, der 12 Jahre lang mit ihr um die Seele seines Volkes für Deutschland gerungen hat, fordert heute im Namen dieses Volkes das System in die Schranken. (...) Die nationalsozialistische Bewegung - in dieser Stunde als Sturmkolonne um ihren Führer geschart - ruft heute das ganze deutsche Volk auf, mit ihr anzutreten, um Adolf Hitler den Weg zu bahnen an die Spitze der Nation und damit zur Führung Deutschlands in die Freiheit." (22) Hier wird deutlich, dass der Begriff "Führerstaat", der oben in üblicher Weise in schroffen Gegensatz zur parlamentarischen Demokratie gesetzt wurde, nicht notwendigerweise undemokratisch sein muss. Die Nazis verstanden sich als Bewegung des Volkes, der Führer galt ihnen als Sprachrohr des Volkswillens, der Staat wurde seiner Vermittlungsstufen zwischen Volkswillen und Staatsräson entledigt. (23) Nur so konnte der Volkswillen unmittelbar Herrschaft erlangen, was praktisch bedeutete, dass der Antisemitismus zur Staatsdoktrin wurde. Der Unterschied zwischen "Bewegung" und "Partei" ergibt sich schon aus der etymologischen Bedeutung, stammt doch das Wort Partei vom lateinischen pars, was soviel wie "Teil" bedeutet. Die Nazis erhoben ebenso wie Pro Köln den Anspruch, nicht einen Teil der Bevölkerung, z.B. die Arbeiterschaft oder das Kleinbürgertum zu vertreten, sondern das ganze Volk. Warum die Nazis mit vollem Namen trotzdem "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei" hießen, erklären sie selbst in ihrem Parteiprogramm: "10. Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muss sein, geistig oder körperlich zu schaffen. Die Tätigkeit des einzelnen darf nicht gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen, sondern muss im Rahmen des Gesamten und zum Nutzen aller erfolgen. Daher fordern wir: 11. Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens, Brechung der Zinsknechtschaft. (...)" (24) Neben strategischen Überlegungen verstanden sich die Nazis tatsächlich als Partei, nur eben in einem umfassenderen Sinne. Der Teil des deutschen Volkes, den sie vertreten wollten, war der in ihren Augen einzig wirklich deutsche. Deutsch ist, wer schaffen kann. Das Produktive gegen das Unproduktive in Stellung zu bringen, war ihnen ureigenste Aufgabe: "18. Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen. Gemeine Volksverbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse." Dass die Juden schon vorab mit den Schädlingen identifiziert wurden, erklärt auch, warum Volksverbrecher "ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse" verfolgt werden sollten. Schließlich verdächtigte man die Politiker der Weimarer Republik, den Juden gegenüber nachsichtig zu sein und sich so in ihre Weltherrschaftspläne einspannen zu lassen. Andererseits aber enthält die Formulierung die Drohung, dass sehr schnell diejenigen nicht-jüdischen Deutschen, die sich dem "jüdischen Prinzip" verschrieben haben, ebenfalls zu Juden erklärt werden können (25): "Wer Jude ist, bestimmen wir!" (Goebbels) Das Volk als Wehrgemeinschaft gegen das individualistische, materialistische, bürgerliche Prinzip zu formieren, ist der Kerngedanke der "Bewegungspolitik" in jeder Form. In der verklausulierten, vermutlich vom NS-Staatsrechtler Feder entliehenen Forderung "19. Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht." steckt bereits die griffige Formel "24. (...) Gemeinnutz vor Eigennutz.", die die nationalsozialistische Staatsräson kurz und knapp auf den Punkt bringen soll. (26) Freilich steht es außer Frage, dass auch Pro Köln sich diesem Grundsatz verpflichtet sieht und die Einschränkung, dass nur Deutsche in den Begriff der Gemeinschaft mit einbezogen sind, muss wohl nicht extra betont werden. Nun tritt das Problem auf, dass selbst an dieser entscheidenden Schnittstelle zwischen Nationalsozialismus und sich demokratisch gebenden Bewegungen unserer Tage keine Besonderheit am Phänomen Pro Köln zu erkennen ist. Vielmehr bildet der Satz "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" den postnazistischen Konsens der Bundesrepublik Deutschland. (27) Dies drückt sich aus in der Entstehung der Volksparteien, die für sich den Begriff "Partei" in seiner ursprünglichen Bedeutung aufgeben und zu Volksparteien werden, d.h. mit verschiedenen Konzepten dafür werben, das Wohl des Ganzen bestmöglich verwalten zu können. Eine modernisierte Variante des 24. Punktes des NSDAP Parteiprogramms findet sich folgerichtig im Grundgesetz: Artikel 14 (2) "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." (28) Der Begriff "Partei" entstammt also einer vergangenen, nämlich der bürgerlichen Epoche, bei der einzig noch von einer Klassengesellschaft sinnvoll gesprochen werden konnte. Heute, nach dem Nationalsozialismus, ist das Klassenbewusstsein getilgt, die nationalsozialistische Volksgemeinschaft hat sich in eine postnazistische Demokratie transformiert. Diese Demokratie baut auf wesentlichen Bestandteilen des NS-Staates auf, ihr liegt der Antisemitismus als Wissen um die gemeinsam begangene Tat zugrunde. Wenn Pro Köln eine Nazi-Partei genannt werden soll, so macht dies vor diesem Hintergrund nur Sinn, wenn zugleich alle anderen deutschen Parteien ebenfalls zu Nationalsozialisten erklärt werden. Dabei indes würde man übersehen, dass die postnazistische Demokratie beträchtliche Unterschiede zum NS-Staat aufweist, die sie zwar immer noch als legitimen Nachfolger erscheinen lässt, aber dennoch nicht mit ihm identisch gesetzt werden kann. Weder Pro Köln noch die CDU oder die Grünen vertreten einen Antisemitismus, der offen die Vernichtung der Juden fordert. Wer das behauptet, ist nicht nur blind, sondern lügt. Das Erbe ihrer Vorfahren, welches die Deutschen antreten, soll auf andere Weise zu seinem Ende gebracht werden: in der Unterstützung des islamistischen Antisemitismus. Und diese Unterstützung vertreten linke Bewegungen wie Kein Blut für Öl! oder auch das Wahlbündnis Gemeinsam gegen Sozialraub (29) um einiges radikaler und ungenierter als Pro Köln. Allerdings, so bleibt zu befürchten, wird auch Pro Köln auf dieses Programm einschwenken, ist doch ihre gesamte Existenz auf Erfolg bei den Massen ausgerichtet und der, so scheint es derzeit, ist nur explizit antizionistisch zu haben. Eine Kritik an Pro Köln und praktische Agitation gegen sie ist nach wie vor notwendig. Nur macht es sich jeder zu einfach, der sich im Anti-Nazi-Kampf auf der Seite der Guten wähnt, während er über die nationalsozialistischen Grundlagen der bundesdeutschen Demokratie schweigt. Pro Köln wäre als Zuspitzung des allgemeinen Konsenses in der BRD zu kritisieren, was freilich eine dezidiert antideutsche Kritik impliziert. Insbesondere aber macht sich nicht nur dumm, sondern zum Komplizen, wer den linken Antisemitismus, den linken Staatsfetischismus und die linke Volkstümelei nicht erwähnt, welche mindestens im gleichen Maße wie die rechte Eingang in die offizielle deutsche Politik gefunden hat. Gerade in der rot-grünen Berliner Republik, in der linke Antiimperialisten die Außenpolitik formulieren und ausführen, führt das große Schweigen zur Einverständniserklärung mit dem deutschen Unwesen.
(2) Wir schreiben diesen Text selbstverständlich nicht, um Leichenfledderei an der mittlerweile aufgelösten Antifa K zu betreiben, sondern um unsere Kritik an Pro Köln zu verdeutlichen. (3) Dabei handelt es sich hauptsächlich um Republikaner, die nach Schönhubers Abdanken aus der Partei ausgetreten sind, teilweise aber auch um ex-NPD´ler. Die Organisation Deutsche Liga von Volk und Heimat, die ebenfalls von Manfred Rouhs mitgegründet wurde, kann als eine Art Übergang von der reinen Neonazi-Organisation zur Bürgerbewegung gesehen werden. Laut eigener Aussage kam Rouhs zu dem Entschluss, sich bei Pro Köln zu engagieren, nachdem die Wahlen für die Deutsche Liga äußerst enttäuschend ausfielen. Allerdings sind schon hier die Themen der Agitation sehr ähnlich, insbesondere der Rassismus gegen Sinti und Roma. Nachzulesen ist genaueres in der Broschüre "Altbekannte Nazis im neuen Gewand, 'Bürgerbewegung Pro Köln'" von der Antifa K. (4) Genau genommen begann diese Entwicklung schon im Jahre 2002, als
ein Streit zwischen Manfred Rouhs und der NPD entbrannte. Rouhs warf der
NPD vor, von gewalttätigen Spitzeln durchsetzt zu sein, die NPD-Zeitung
Deutsche Stimme nannte Rouhs "Spalter" und "Provokateur".
Bei der Demonstration gegen den Moscheebau, bei dem die NPD den Ordnerdienst
stellte, kam es dann erneut zum Streit, der letztlich einen Bruch markierte.
Die Pro Köln-Vorsitzende Judith Wolter versucht zwar immer wieder
die Kontakte zur NPD zu kitten, indem sie sich auch öffentlich von
Rouhs distanziert, aber bisher scheint dieses Konzept nicht aufzugehen.
Vgl. Lotta, Nr. 16, Frühjahr 2004, S. 30 (6) Antifa K: ebenda. (7) Dieses sowie alle weiteren Zitate von Pro Köln entstammen deren Homepage www.pro-koeln.org (8) Beispiele gefällig? (9) Damit ist nicht gemeint, in Amerika sei der Egoismus besonders vorherrschend, sondern dass die Deutschen "den Amerikaner" als egoistischen, machtversessenen Kapitalisten halluzinieren, dem es stets nur auf sein eigenes materielles Wohl ankomme und dem die Gemeinschaft der Völker herzlich egal sei. Ähnlich verhält es sich mit dem Individualismus, den die Deutschen geißeln, weil er der Einordnung ins völkische Kollektiv widerstrebt. Der Liberalismus letztendlich gilt den Deutschen als eine fiese Machenschaft des ungezügelten Marktes, die vom Staat als übermächtigem Souverän eingedämmt werden muss. Sie sehnen sich nach einer völkisch-harmonischen Ordnung, in der Staat und Volk zur Einheit gerinnen. Nachzulesen bei Helmut Schmidt, Carl Schmitt, Norbert Blüm, Adolf Hitler, Oskar Lafontaine, Horst Köhler, Attac und vielen anderen. Die Beliebigkeit dieser Auswahl rührt daher, dass die Deutschen sich in diesem Punkt größtenteils einig sind. Vgl. Dan Diner: Feindbild Amerika. Über die Beständigkeit eines Ressentiments, München 2002 (10) "Dabei wird jedoch krampfhaft versucht, das Image einer stumpfen Nazi-Truppe zu vermeiden." in: Antifa K: ebenda, S.1f. Genau das wollen Pro Köln nämlich nicht sein: Nazis. (11) Der Begriff "Rassismus" macht dann ja auch keinen Sinn mehr, wenn er nicht mehr auf biologische Konstruktionen zurückgeführt wird, sondern auf Entscheidungen. Auch wenn es anders scheint: Moslem zu sein, ist keine Natureigenschaft, sondern eine Entscheidung. Dass allzu viele zu dieser Entscheidung gezwungen werden, ist kein Widerspruch, sondern sagt um so schlimmeres über die Gesellschaften aus, in denen der Islam staatstragend ist. Zur Kritik des Rassismus vgl. Joachim Bruhn: Was deutsch ist, Freiburg 1994, S. 77ff. und zur Geschichte des rassistischen Stereotyps vgl. George L. Mosse: Die Geschichte des Rassismus in Europa, Frankfurt a. M. 1995. (12) Vgl. dazu ebenfalls Joachim Bruhn: Was deutsch ist. Bruhn erklärt den Unterschied zwischen Rassismus und Antisemitismus als einen zwischen Untermensch und Übermensch. Der Untermensch muss und kann beherrscht werden, der Übermensch ist omnipotent und muss deshalb vernichtet werden. (13) Rein ökonomisch gesehen, hat der Staat als Krisenabwehr seinen Apparat gigantisch aufgebläht, um nicht nur die Bürger an den Staat zu binden, sondern um die Kaufkraft auf einem gewissen Level zu halten. Da aber der Staat seine Beamten immer noch aus der Wertschöpfung der Warenproduktion, an der immer weniger Menschen beteiligt sind, finanziert, muss der Staat, wenn er sich nicht "verschlankt", Schulden auftürmen. Im Zuge der Verschlankung des Staates ist es evident, dass auch die Alimentation sozial Schwacher abgebaut wird. Der Staat kann und will sich keine Überflüssigen mehr leisten. Vgl. Mario Cogoy: Werttheorie und Staatsausgaben, in: Braunmühl, Funken, Cogoy, Hirsch: Probleme einer materialistischen Staatstheorie, Frankfurt a.M. 1973, S.129 ff. (14) Pro Köln schrieb über die ihnen widerfahrene Ablehnung: "Dabei erteilten die demonstrierenden Poller Bürger jeder Form von Ausländerfeindlichkeit und Extremismus eine scharfe Absage. Ausdrücklich betonen sie, dass auch rechtstreue Ausländer zu den Opfern jener Diebesbanden gehören, die die Kölner Lokalpolitik den Menschen in Poll in die Nachbarschaft gesetzt haben." Rassistischer Antirassismus sucht seinen Konflikt stets durch das antisemitische Ressentiment zu lösen. Schuld sind die da oben. Vgl. Clemens Nachtmann: Drittes Reich, Dritte Welt, Dritter Weg. Über Rassismus und Antirassismus, in: Bahamas Nr. 43, Winter 2003/04, S. 59f. (15) Zitiert nach: Stadt Revue Mai/04, S. 8 (16) Dass die Deutschen sich ständig über die Todesstrafe in den USA ereifern, muss angesichts einer Gesellschaft, die sich um das Verhungern und Erfrieren von Menschen nicht schert, andere als humanistische Gründe haben. In der Tat ist dies ein klassischer Fall von Projektion: Man hasst am Anderen, was man sich selbst so inständig wünscht. (17) Auch das von Pro Köln so geliebte Thema "Klaukids" kommt beim Kölner Bürger Bündnis nicht zu kurz: "Auch die im Rat bereits heftig diskutierte Option, so genannte Klau-Kids in geschlossenen Heimen unterzubringen, fehlt nicht." Stadt Revue Mai/04, ebenda (18) Ja nicht einmal ihre Gegner, die linksbürgerlichen Antifaschisten, unterscheiden sich in diesem Punkt von Pro Köln. In einem Aufruf zur 25. Landeskonferenz antifaschistischer Organisationen und Initiativen NRW heißt es: "Schon bei der letzten Kommunalwahl gelang es Vertretern von REPs und DVU trotz bundespolitischer Bedeutungslosigkeit, in einige Rathäuser einzuziehen. Seitdem glänzen sie durch Inkompetenz (!), gelegentlichen Rassismus und Nationalismus." Während Nationalismus und gelegentlicher Rassismus zur Politik gehören, wie die Majo zur Pommes, drückt der Vorwurf der Inkompetenz aus, wie sehr die Linken am Staat hängen und ihn gegen Missbrauch verteidigen wollen. An einer anderen Stelle wird der allseits präsente Korruptionsvorwurf gegen die Nazis gerichtet: "Die Behauptung der Nazis, für 'saubere Verhältnisse' einzutreten, ist eine Lachnummer. Nicht nur die historischen Vorbilder waren ein Ausbund von Korruption und Vetternwirtschaft." Zitiert nach: Koordinierungskreis Köln: Nazis auf die Füße treten - bevor sie im Rathaus sitzen! Aufruf zur 25. Landeskonferenz antifaschistischer Organisationen und Initiativen NRW, 2004 (19) In der Tat demonstrierten sie nicht gegen den Krieg, denn dieser war am 12. April 2003, als die Demonstration stattfand, bereits vorbei. Kein Wort der Freude über den Sturz der Ba´ath-Partei war ihnen zu entnehmen. (20) Kein Blut für Öl!, Nr.2, Juni 2002, S. 9. Diese Gruppe vertritt sogar einen deutlich offeneren Antisemitismus als Pro Köln, z.B. wenn sie gegen das jüdische Großkapital hetzt: "Der Streit der FDP mit dem Zentralrat der Juden und versteckt mit der US-Sicherheitsberaterin Frau Rice wurde stellvertretend geführt für das deutsche Klein- und Mittel-Kapital gegen das internationale Großkapital." (S. 16) (21) Dass das Gemeinwohl nicht für alle Einzelnen tatsächlich etwas positives bedeutet, sollte wohl jeder wissen, der noch nicht verdrängt hat, dass auch in einem Volksstaat wie Deutschland der Zwang zur Produktion von Mehrwert oberste Priorität hat. Nicht, weil eine böse, verschworene Gruppe einen Plan ausgeheckt hat, sondern weil die Reproduktion der bestehenden Gesellschaft durch die Herstellung von Waren vermittelt ist, die in sich selbst das blinde Prinzip einer endlosen, selbstzweckhaften Anhäufung von Geld tragen. Vgl. Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, MEW 23, Berlin 1989, Bd. 1, S. 169. (22) Zitiert nach: Walther Hofer (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Dokumente 1933-1945, Frankfurt a.M. 1957, S. 23f. (23) Wozu auch die Dienstbarmachung des Parlamentarismus gehörte. Das Parlament wurde von der NSDAP jedoch niemals abgeschafft, sondern lediglich "gleichgeschaltet", z.B. durch die Inhaftierung aller KPD-Abgeordneten. Diese waren bis zur nächsten Wahl formal Mitglieder des Parlamentes, konnten bloß ihr Stimmrecht nicht ausüben, weil sie in den Konzentrationslagern saßen. Das Parlament galt den Nazis sehr wohl als Ort der Volksvertretung, nur war Volk von ihnen eben als Volksgemeinschaft ohne Partikularinteressen aufgefasst. Deswegen erschien ihnen auch die Existenz verschiedener Parteien als überflüssig. (24) Zitiert nach: Walther Hofer (Hrsg.): ebenda, S. 29, Alle weiteren Zitate aus dem NSDAP Parteiprogramm ebenfalls dort. (25) Während die Nazis diesem Vorhaben selten folgten, weil sie einerseits zu sehr an der rassistischen Blutstheorie hingen und andererseits eine Spaltung der Bevölkerung befürchteten, wenn sie die Volksgenossen und nicht mehr nur die Juden attackierten, ist dies bei den islamistischen Nazis gang und gäbe. Die Anschläge vom 11. September bestätigten dies auf allzu schreckliche Weise. (26) Vgl. die Einwände Franz Neumanns, der bestreitet, dass die Parole "Gemeinnutz vor Eigennutz" tatsächlich wirkungsmächtig war. Vielmehr behauptet er, diese Parole sei bloße Ideologie, in Wahrheit hätten die Nazis den Privatkapitalismus weitgehend unangetastet gelassen. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich Neumanns Widerspruch jedoch lediglich als Ergänzung. Franz Neumann: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944, Frankfurt a.M. 1998, S. 271ff. (27) Und erst recht Österreichs. Über die Parallelen zwischen Pro Köln und der FPÖ wäre indes noch zu verhandeln. Allerdings tritt das Problem auf, dass Österreich andere Bedingungen bietet als die Bundesrepublik. In Österreich gibt es eine wesentlich geringer ausgeprägte Kultur der Vergangenheitsbewältigung, weil man sich als "erstes Opfer des Nationalsozialismus" versteht. Auch ein Antifa-Sommer hat in Österreich nie stattgefunden, weshalb ein Mann wie Haider auch dort solche Erfolge feiern kann. In Deutschland scheint dies augenblicklich undenkbar. Zum Phänomen Haider vgl. Stephan Grigat (Hrsg.): ebenda, sowie: Uli Krug: Ende einer Zwangsdemokratie. Der 'Parteispendenskanal' oder das erneuerte Bündnis von Mob und Elite, in: Bahamas Nr.31, Berlin 2000, S.17ff. (28) Zitiert nach: Ministerium für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Mit gutem Recht. Grundlagen für das politische Handeln, Frechen 1998, S. 20 (29) Vgl. hierzu trotz des recht unpassenden Titels: Gruppe Casablanca: Achtet nicht auf das, was sie sagen, achtet auf das, was sie tun, 2004, www.gruppe-casablanca.tk (24. August 2004) |
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