Sehr geehrte Mitglieder der DKP Köln,
sehr geehrter Volker Scholz-Goldenberg,

die DKP Köln so wie das Parteienbündnis „Gemeinsam gegen Sozialraub“ (GGS) hat sich auf Indymedia in Form einer Erklärung ihres Kreisvorsitzenden (DKP) bzw. Vorstandsmitgliedes (GGS) Scholz-Goldenberg von dem offenen Bündnis zwischen Teilen der Linksfraktion im Kölner Stadtrat und der Hisbollah (Siehe: http://gwg-koeln.50webs.com/text_pmludwig.html) distanziert. Dort heißt es: „Als Vorstandsmitglied von ggs stelle ich hier ganz entschieden fest, dass ggs, als Organisation diese Veranstaltung nicht unterstützt hat. Wenn einzelne ggs-Mitglieder dort mitmarschiert sind, dann als Privatpersonen oder als Mitglied anderer Gruppen! Der Text des Aufrufs war für ggs inakzeptabel. Auch die DKP Köln, deren Vorsitzender ich zugleich bin, hat diese Demo nicht unterstützt. Auch die DKP empfand den Text des Aufrufs als politisch inakzeptabel, da die Initiatoren mit keinem Wort auf das Existenzrecht Israels eingegangen sind. Persönlich habe ich zudem innerhalb des ggs-Vorstands erklärt, dass ich persönlich niemals mit Islamisten u.ä. Kräften zusammen auf die Straße gehen werde.“ (http://germany. indymedia.org/2006/08/155504.shtml)

Diese Distanzierung freut uns natürlich sehr. Dennoch stellt sich uns die Frage, was die DKP Köln eigentlich unter einem „Existenzrecht Israels“ versteht. Denn ein Recht ist – das müßten Leute, die sich „Kommunisten“ nennen, eigentlich wissen – nur dann etwas Wert, wenn es im Bedarfsfall gewalttätig durchgesetzt werden kann. Genau darum ging es bei diesem Krieg. Die Hisbollah, als verlängerter Arm des Iran, hat Israel dieses Existenzrecht abgesprochen, indem es seine Grenzen verletzte, seine Bürger beschoß und schließlich kidnappte. Wenn die israelische Antwort, wie die DKP Köln verlautbart, in „keinem Verhältnis“ zum Terror der Islamisten steht, dann sollte sie angeben können, was eine „verhältnismäßige“ Antwort auf den Krieg der Hisbollah ist, die seit Jahren Raketen auf Israel schießt, Entführungen und Anschläge durchführt. Das Ziel Israels war die Entwaffnung der Hisbollah. Wieso unterstützt die DKP Köln nicht dieses antifaschistische Ansinnen (auf den faschistischen Charakter der Hisbollah wurde von unserer Seite u.a. durch die Foto-Dokumentation eines Hisbollah-Aufmarsches mit Hitlergruß hingewiesen)? Weiß sie denn nicht, dass ihre nach eigenen Angaben ärgsten Feinde, die Neonazis um Axel Reitz vom „Kampfbund deutscher Sozialisten“, längst und keineswegs zufällig der Hisbollah die Daumen halten?

Offensichtlich schon. Sonst würde sie wohl kaum solche Lippenbekenntnisse vortragen: „Nein zum Terror islamistischer Gruppen gegenüber der israelischen Zivilbevölkerung“ (http://www.dkp-koeln.de/aktuelles.html). Doch was heißt ein solcher Slogan (zumal: ist islamistischer Terror gegen israelische Soldaten in Ordnung?) schon, wenn die DKP Köln Kreisverband einer Partei ist, die antisemitische* Pamphlete zum Nahostkonflikt unterzeichnet, in denen der islamistische Terror und die Holocaustleugnung Ahmadinedschads mit keinem Wort erwähnt werden (http://www.trend.infopartisan.net/ trd7806/t407806.html)? Wenn sie nicht nur Aufmärsche von Islamisten ignoriert, sondern ihren Mitgliedern sogar einen Freifahrtschein dafür ausfüllt, dass diese dann „als Privatpersonen oder als Mitglied anderer Gruppen“ mitmarschieren! Wieso ahndet die DKP Köln ein solches Vergehen (gemessen an dem, was die Partei proklamiert: Keine Zusammenarbeit mit Islamisten! Für das Existenzrecht Israels!) nicht mit Parteiausschluss? Wieso verlässt sie nicht das Parteienbündnis GGS, wenn dort offensichtlich Hisbollah-Freunde vertreten sind? Sollte der Grund Opportunismus oder doch heimliche Sympathie sein?

Wir können diese Frage nicht beantworten. Fest steht nur, dass mindestens ein Stadtratmitglied von GGS auf der Demonstration vertreten war und sich offensichtlich durch Hisbollah- und Hamas-Fahnen nicht gestört sah. Warum auch? Immerhin sieht Claus Ludwig in der Hisbollah „mehr als nur eine islamistische Bewegung“, gar die „bewaffnete Kraft im Libanon, die sich innerhalb des Landes am wenigsten Verbrechen geleistet hat.“ (http://www.linkezeitung.de/ cms/content/view/814/39/) Auch wenn Ludwig weiß, dass die Hisbollah „reaktionär“ ist, so zieht er nicht den naheliegenden Schluss daraus, dass Kommunisten sie zu bekämpfen hätten. Ihm drehen sich die Tatsachen trotz oder wegen ausgebuffter ML-Rhetorik im Kopf geradewegs um, was nicht weiter tragisch wäre, behielte er den Schmu für sich: „Wer der Hisbollah die Existenzberechtigung (und das Recht zur Selbstverteidigung gegen die IDF abspricht), sollte erklären, wie ein ethnischer Bürgerkrieg im Libanon verhindert werden (sic!), wenn die größte Gruppe nicht das Recht hat, sich ihre Vertreter auszuwählen.“ 1. Die Hisbollah ist einzig zu dem Zweck gegründet worden, Israel zu vernichten. Daher verteidigt die Hisbollah sich nicht, denn es geht ihr überhaupt nicht um Abwehr von Gewalt, sondern lediglich um Mord und Vernichtung. 2. Wer keinen Bürgerkrieg will, sollte für die Entwaffnung der Hisbollah sein, denn diese Organisation strebt nach einem islamischen Gottesstaat und stürzt den Libanon in den Krieg. 3. Wie Ludwig die „größte Gruppe“ der Bevölkerung definiert, hat er von der Hisbollah abgeschaut: wieso sollen Menschen, nur weil sie den gleichen Glaubenshintergrund haben (d.h. nicht notwendig, dass sie auch tatsächlich praktizierende Moslems sind!), eine Gruppe bilden? Bislang dachten wir, Kommunisten halten es eher damit, welcher Klasse ein Individuum angehört und nicht welchem Volk oder welcher Religion.** 4. Wenn es so wäre, wie Ludwig sagt, dass die „schiitische Bevölkerungsgruppe“ sich als ihren Vertreter die Hisbollah ausgesucht hat, wäre sie dann überhaupt noch „Zivilist“? Wäre sie dann nicht automatisch Kriegspartei, weil sie die Hisbollah unterstützt?

Es zeigt sich: Claus Ludwig bemüht sich redlich, der Linken seine Sympathie für die Hisbollah schmackhaft zu machen, indem er sie zwar verbal als „reaktionär“ verurteilt, praktisch aber zusammen mit ihr demonstriert und ihr durch die Hintertür bescheinigt, eine „Widerstandskraft“ zu sein. Auch wenn Ludwig in der SAV und nicht in der DKP ist, sollte letztere, wenn sie es ernst meint mit dem „Existenzrecht Israels“, die notwendigen Konsequenzen ziehen und das Bündnis GGS aufkündigen.

Mit freundlichen Grüßen,

Georg-Weerth-Gesellschaft Köln

Köln, 30. August 2006


* Antisemitisch ist das Papier „Solidarität mit den Völkern Palästinas und des Libanons“, das immerhin 53 „kommunistische“ Parteien unterzeichnet haben, deshalb, weil der islamische Antisemitismus, dem Israel ausgesetzt ist, geleugnet wird. Dadurch erscheint es so als sei Israel die „eigentliche aggressive und expansionistische Kraft in der Region“. Wer aber Antisemitismus verschweigt und dessen Bekämpfung dämonisiert, spricht den Juden das Recht auf Verteidigung ihres Lebens ab.

** Auch wenn wir eine kommunistische Position vertreten, die nicht mehr von den Klassen ausgeht, sondern vom Individuum, weil wir die marxistische „Klassentheorie“ mit Marx für eine Verkennung der dialektischen Einheit von Arbeit und Kapital halten. Unserer Ansicht nach ist der „proletarische Klassenstandpunkt“ der Standpunkt des Kapitals selbst, nämlich des „variablen Kapitals“. Aber das wäre vielleicht an anderer Stelle auszudiskutieren.


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