Stoppt die iranische Bombe!
Ein Aufruf zur Solidarität mit Israel anlässlich des 70. Jahrestages der Novemberpogrome

Vom 7. bis 10. November 1938 wurden im gesamten Deutschen Reich Synagogen, jüdische Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe zerstört oder verwüstet, 30.000 Juden in Konzentrationslager verschleppt, etwa 400 Juden auf offener Straße erschlagen. Die Novemberpogrome, die vom NS-Regime geplant worden waren, aber von den Deutschen entweder begeistert angenommen oder zumindest achselzuckend geduldet wurden, waren das Fanal zur Vernichtung. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte man wissen müssen, dass die Nazis ihre Vernichtungsdrohungen ernst meinten und dass die meisten Deutschen keinen Finger krumm machen würden, um ihre jüdischen Nachbarn zu retten.

Soll heute das Gedenken an die Opfer dieser Pogrome keine scheinheilige Sonntagspredigt, keine egomane Selbstbespiegelung und kein verlogenes Einfühlen sein, dann muss  Gedenken bedeuten, sich die Voraussetzungen der Vernichtung der europäischen Juden zu vergegenwärtigen, um eine Wiederholung der Shoa zu verhindern. Dazu ist das staatsoffizielle Gedenktheater ein denkbar schlechter Ort. Denn die ritualisierte Trauer ist nur ein Mittel, um sich das Bekenntnis zum Massenmord im nationalen Interesse nutzbar zu machen. Kanzlerin Angela Merkel muss, weil die so genannte Vergangenheitsbewältigung – anders als die individuelle Auseinandersetzung mit dem Geschehenen – eine Angelegenheit der Nation ist, wie alle ihre Vorgänger im Amt darauf beharren, dass die Nazis nur vorgegeben hätten, „im deutschen Namen“ zu morden. Tatsächlich sei die Shoa gar nicht im deutschen Interesse gewesen, die Mitläufer der Nazis hätten sich also in gewisser Weise geirrt, wenn sie glaubten, patriotisch zu handeln. Deshalb ehrt man nicht sie, sondern jene, die man auch heute noch als gute Deutsche präsentieren kann – den Nazi-Kriegsverbrecher Stauffenberg zum Beispiel oder die ums Vaterland besorgten Geschwister Scholl. Die ermordeten Juden haben in dieser Aufarbeitung nur dort Platz, wo feierlich verkündet werden kann, dass das deutsche jetzt aber wirklich das demokratischste aller demokratischen Völker der Welt sei. Der nahe liegende Gedanke, dass der deutsche Staat ganz und gar – sowohl ökonomisch als auch politisch – auf den Fundamenten, d.h. auf den Leichenbergen der nationalsozialistischen Barbarei ruht, wird verdrängt, weil man sich seinen postnazistischen Betriebsfrieden nicht madig machen lassen will. Die Wahrheit dagegen ist, dass angesichts von Auschwitz die Menschheit vor sich selbst hätte erschrecken und alle Bedingungen, die zum Nazifaschismus führten, radikal hätte beseitigen müssen. Das geschah und geschieht um der Aufrechterhaltung der herrschenden Ordnung willen nicht. Und damit ist, weil die warenproduzierende Gesellschaft mit Notwendigkeit den Antisemitismus als Alltagsreligion hervorbringt, auch die Gefahr einer Wiederholung der Shoa nicht gebannt. Weil der Kapitalismus zwangsläufig Krisen produziert – sowohl individuelle als auch gesellschaftliche –, lebt das bürgerliche und das nachbürgerliche Subjekt stets im Bewusstsein des drohenden Untergangs. Anstatt aber eine Produktionsweise abzuschaffen, die Menschen permanent in Überflüssige verwandelt, identifizieren die sich auf Gedeih und Verderb dem Kapital ausgelieferten Subjekte auch noch mit diesem und fühlen sich in dessen reinigenden Krisencharakter ein. Das Resultat dieser Identifikation ist die freiwillige und vorauseilende Exekution der dem Kapital inhärenten Gewalt. Diese kann zwar jeden treffen, ist aber keineswegs blindwütig – sie richtet sich gegen diejenigen, die für die Krise verantwortlich gemacht werden und ist damit ein fetischistischer Ausdruck der kapitalen Logik selbst, die den Widerspruch von Wert und Gebrauchswert periodisch durch die Vernichtung von Wert zu lösen verspricht. Gerade die Juden, die seit alters her mit dem Geld identifiziert werden, werden daher zu Objekten des vorauseilenden Gehorsams loyaler Staatsbürger. Besonders in Gegenden, in denen die Mehrwertproduktion ihr Ende findet, besinnen sich die ihrer Individualität überdrüssigen Warenmonaden auf die Essenz der allseitigen Konkurrenz und fühlen sich gleichsam in die grausame Irrationalität des Ganzen ein. Die Elendsverwalter, die mit dem Koran im Arm die antisemitischen Massen auf die Welt loslassen, kalkulieren mit dem Untergang und ersehnen sich die apokalyptische Befreiung vom Joch formaler Freiheit und Gleichheit. Die Raserei, der sie das Wort reden, fällt schon deshalb unmittelbar mit dem Hass auf die Juden zusammen, weil jene als wandelnde Agenten der Moderne ausgemacht und daher im Namen der Rückkehr zu einem halluzinierten ursprünglichen Dasein vernichtet werden sollen.

Aktuell ist somit die größte Bedrohung für die Juden der islamische Antisemitismus, der in Gestalt der Mörderbanden Hisbollah und Hamas danach lechzt, dem Staat Israel – also der bewaffneten Heimstatt der Überlebenden der Shoa und ihrer Nachkommen – den Garaus zu machen. Nicht nur befeuert, sondern auch finanziert werden sie von der iranischen Mullahkratie, die seit Jahren versucht, die Atombombe zur Auslöschung des „zionistischen Krebsgeschwürs“ in die Hand zu bekommen. Nun scheint es laut SZ (siehe Kasten rechts) in Kürze soweit zu sein: Die IAEA, die Internationale Atomenergiebehörde, verkündete offenbar vor einigen Wochen, es sei wahrscheinlich, dass der Iran Ende dieses Jahres seine erste Atombombe produziert haben wird. Dass der Iran dieses seit langem gehegte Ziel erreichen könnte, ist vornehmlich der Kollaboration der Europäer – vorneweg der Deutschen, die fröhlich mit diesem faschistischen Regime Handel treiben – geschuldet. Alle Versuche, den Iran mit diplomatischen Mitteln so in die Enge zu treiben, dass er sein Atomprogramm hätte aufgeben müssen, scheiterten, weil die Europäer im Verein mit Russland und China – die ohnehin zu jeder Schandtat bereit sind, solange nur Profit dabei heraus springt – eine militärische Intervention von Anfang an ausgeschlossen und damit der drohenden Vernichtung Israels zugearbeitet haben.

Sollte der Iran die Bombe besitzen, ist das Ende Israels nur noch eine Frage der Zeit. Denn selbst wenn der Iran die Bombe nicht werfen sollte, könnte er sich dank seiner Eigenschaft als Nuklearmacht alles erlauben. Er wird – soviel ist sicher – weiterhin Anschläge auf jüdische und westliche Einrichtungen weltweit verüben, den Krieg gegen Israel verschärfen und islamische Banden auf dem Weg zur Machtergreifung überall unterstützen, ohne dass ihn irgendwer daran ernstlich hindern könnte. Die Bombe bedeutete die Verewigung der Barbarei und damit die Vollendung des nationalsozialistischen Wahns.

Wenn es noch eine Chance gibt, die Bombe zu verhindern, wenn etwa die USA oder Israel mit militärischen Mitteln doch noch in letzter Sekunde verhindern würden, dass der Iran zur Atommacht wird, dann wäre es die Pflicht jedes Antifaschisten, sich solidarisch mit dieser Intervention zu erklären und allen Feinden Israels eine klare Absage zu erteilen.
 
Denn:

„Offenbar haben wir eine einfache und entscheidende Lektion noch immer nicht gelernt, obwohl Hitler sie uns klarer erteilt hat als jeder andere: Dass manche Völker, manche Regimes, manche Ideologien, manche politischen Programme und auch manche religiösen Gruppen beim Wort genommen werden müssen. Es gibt Menschen, die meinen, was sie sagen; die sagen, was sie tun werden; und die tun, was sie gesagt haben.“ (Omer Bartov)


(09. November 2008)

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