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Postmoderne Ideologie ist der „Geist geistloser Zeiten“ (Marx) auf dem aktuellsten Stand. Die Idee einer versöhnten Menschheit wird von Stichwortgebern des liquidierten Denkens bewusst preisgegeben. Ebenso verhält es sich mit jeglichem Anspruch, die Wirklichkeit noch irgend adäquat mittels triftiger, reflektierter Begriffe zu beschreiben. In Köln zeugt davon die 2012 ins Leben gerufene Akademie der Künste der Welt, deren Festival Pluriversale dieses Jahr in die zweite Runde geht. Nicht nur bei der Namensgebung des Festivals bediente man sich der Terminologie Carl Schmitts, der den Ausdruck “Pluriversum” prägte, um auf gebildet „Jedem das Seine“ zu dekretieren. Das „interkulturelle und interdisziplinäre Veranstaltungscluster“ folgt dem Kronjuristen des Dritten Reiches auch inhaltlich, wenn im Programmheft jede universelle Weltsicht als „flach“ und „westlich“ denunziert wird – also mit den in solchen Pamphleten unvermeidlich auftauchenden, hohlen Kampfformeln von Neoliberalismus und Kolonialismus. Dem vorgeblich die Völker der Welt knechtenden westlichen Blick wird ein „pluriversaler“ Antiimperialismus entgegengestellt, dem „geteilte Geschichten und Kosmologien“, mithin „verschiedene ‚Welten‘“ zugrunde liegen sollen, welche trotz ihrer Inkommensurabilität durch ihre „kritische und widerständige Haltung gegenüber der Machtverteilung einer einzelnen Moderne und ihres universalen Anspruch“ zusammengehalten werden.

Diese Sicht auf die Welt wird durch die formale wie inhaltliche Ausgestaltung der Pluriversale II wiedergegeben: Der beflissene kulturpolitische Jargon ihres Programmheftes plaudert beredt die Situation der Kunst und überhaupt des intellektuellen Lebens im nachbürgerlichen Zeitalter aus. Der exzellenzbegierige Leser, von den Veranstaltern des Spektakels zu Recht für dumm verkauft und dementsprechend im Programmheft von ihnen vollgetextet, darf sich auf „prominente Kuratoren aktuell stattfindender und demnächst anstehender Ausstellungen rund um den Globus“ freuen, welche „die Vorzüge und Fallstricke der Globalisierung von Kunst und ihrer wachsenden Einbindung in lokale Kontexte“ erörtern werden. Der höhere Blödsinn dieser Ankündigungen dient dem braven Ziel der Akademie der Künste der Welt: Das „emanzipatorische Potential“ authentischer Kultur soll freigesetzt und in den Dienst des Gemeinwohls gestellt werden. Was hier mit „emanzipatorisch“ genau gemeint ist, scheint bei den Diskursanten dem elementaren Bauchgefühl zu folgen. Die unter jahrelangem professionellen Abgreifen öffentlicher Gelder eingeübte Chuzpe ist ihnen dergestalt in Fleisch und Blut übergegangen, dass jede Explikation ihres plump pädagogischen Aktionismus überflüssig wird. Es tritt vor allem deutlich vor Augen, dass es den Machern der Pluriversale II weder um den Ausgang aus selbstverschuldeter Unmündigkeit noch um die Aufhebung der Herrschaft von Menschen über Menschen geht, sondern um die „emanzipatorische“ Liquidation aller unabgegoltenen Anforderungen und Ansprüche des aufgeklärten Denkens.

Ein nach politischen Maßnahmen dürstender Eskapismus sucht fortwährend Updates des offiziellen Vokabulars durchzusetzen, um der diagnostizierten „Überdeterminierung“ Herr zu werden. Doch die nicht weniger herrschsüchtigen Neu-Determinierungen, die in postmodern inspirierten Kampagnen durchgesetzt werden oder es noch sollen, verstricken sich nur umso hoffnungsloser ins alte Handwerk der Entmündigung des Mitmenschen. Die permanente Reinschrift kann die dreckige Wirklichkeit nicht verbessern, der unaufhörliche Exorzismus soll die durchherrschte Sprache von abgelaufenen Vorurteilen reinigen und so die Instrumentalisierung exkulpieren, der doch all die bad words enstspringen. Beim Schönreden nichtweißer Authentizität werden die nunmehr erneut brauchbar gemachten Kollektivzuschreibungen hinterrücks nur tiefer als community zementiert. Selbst der Unterstützung würdige sprachpolitische Kampagnen gegen menschenverachtendes Reden erwiesen sich stets als weiterer Zugriff der Macht über die Einzelnen. Wenn also seitens angeblich fortschrittlicher Kreise derzeit unbeirrbar und stereotyp vom bösen Westen und dem tragisch verkannten Orient die Rede ist, liefert solch gutgemeintes Argumentieren die Individuen noch gnadenloser ihren als „widerständig“ akkreditierten Identitäten aus. Postmodern neu validiert und politisch geupdatet, wird den Einzelnen ungefragt die unverfrorenste Heteronomie übergestülpt.

Wären tatsächlich gesellschaftliche Hierarchien der zentrale Kritikpunkt postmoderner Diskurse, und ginge es etwa tatsächlich um die Menschen, die in Rufweite der Küsten Europas ertrinken, weil sie das westliche Versprechen auf ein Leben jenseits „pluriversaler“ Banden- und Stammesstrukturen praktisch auf die Probe stellen mussten, müsste man eben jenen Westen zuallererst dafür kritisieren, dass er seine Verheißungen von Freiheit, Gleichheit und Glück nie einhielt und auch nicht einhalten kann. Stattdessen müssen die Hungernden und Flüchtenden als authentizitätstriefende Projektionsfläche engagierter Kulturfuzzis herhalten, indem sie zur widerständigen und antiwestlichen multitude stilisiert werden. Die Motivation der Initiatoren der Pluriversale II mag auf einer nicht zuletzt karrieristischen Ebene angesiedelt sein. Doch die von ihnen emsig produzierte Gebrauchsideologie wäre umso mehr als der Abdruck allgemeiner, objektiver Sachzwänge in ihrem Bewusstsein zu verstehen. Die „nomadische Institution“ treibt nicht der Wunsch nach Analyse und Kritik der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern das uneingestandene Empfinden von Überwältigung. Sie suchen letzterer durch Identifikation mit der glücksnegierenden Macht, schließlich durch ihre radikale Überbietung Herr zu werden.

Wegen des Empfindens von Ohnmacht kann angesichts der herrschenden Verhältnisse freilich niemandem ein Vorwurf gemacht werden, denn jeder Einzelne sieht sich tatsächlich aufgrund seiner objektiv drohenden Überflüssigwerdung durch abstrakte und unpersönliche Mechanismen gefährdet. Die Ausrufer des pluriversalen clusterfuck aber lassen sich von ihrer Ohnmacht dumm machen, indem sie sich diese nicht eingestehen und reflektieren, sondern aktionistisch gegen die unschmeichelhafte Erfahrung anrasen und dabei wild performend um sich schlagen. Ihre Trotzreden voller Beteuerungen und Durchhalteparolen gegen die Macht „der – immer stärker überdeterminierten – Vergangenheit und Zukunft“ sind zutiefst resigniert. Ihr Furor gründet in der Kränkung und der Angst der Einzelnen, die ihre eigenen Geschicke unter der Herrschaft des launischen Kapitals – anders als vom liberalen Maulheldentum suggeriert – nicht in den eigenen Händen halten. Ihre Sehnsüchte nach Freiheit und Glück sind unerfüllt geblieben, scheitern unter Versagungen und Regressionen. Anstatt sich dieser Einsicht zu stellen, flüchten die Macher der Pluriversale II in irgendeine, ihnen Halt und Bedeutung verleihende Identität, in den ausgeliehenen mentalen Status unterdrückter Kolonialvölker. Und mancherorts entstehen tatsächlich neue Potentiale unbelasteter Völkerverständigung: Die von den Postmodernen propagierte Verwerflichkeit aller westlichen Bildung findet – „sie wissen das nicht, aber sie tun es“ (Marx) – eine exakt sinngemäße Übersetzung durch den Haussa-Kampfnamen „Boko Haram“ – wenngleich in Nordnigeria der Weltöffentlichkeit weit größere und weit effizienter ausgerüstete happenings als im postmodernen Köln präsentiert werden.

Aus dem Ankündigungstext lässt sich extrapolieren, womit zuschauerseitig zu rechnen sein dürfte: Gelangweilte, vereinsamte, panikaffine Überflüssige werden sich auf eine gemeinsame Kaffeefahrt in geistloseste Einöde hinausbegeben. Sie werden zuhauf ins zwote Pluriversum strömen, zwecks günstigen Erwerbs einer möglichst distinguierten, hybrid changierenden Identität, der man vor allem nicht sofort ansehen können soll, dass auch sie von der Stange ist. In der Regel werden sie nur allzu bald dazu bereit sein, sich von ideologischen Heizdeckenverkäufern allerlei schlampig zusammengeschusterten, antiwestlichen Ramsch andrehen zu lassen.

Das auf städtische und größere Tröge spekulierende Personal der Pluriversale II hat ohrenkitzelnde Frechheiten und Barbaritäten abzuliefern. Im schlimmsten denkbaren Sinn soll so auch die Weltläufigkeit des so korrupten wie biederen Provinznestes bekundet werden. Die einbestellte Kreativität entblödet sich nicht, eine von eigenen, unbewussten Wünschen umgeisterte „Suche nach einem Standpunkt außerhalb eines ‚flachen’, sich universalistisch gebenden ‚Globalismus’“ auszurufen. In der politischen Realität hat immer schon die größte Flexibilität bestanden, wo es um Krisenmanagement ging. Durch zahllose Kassenstürze geschult entstand im Tagesgeschäft der Zuteilungen und Vorenthaltungen ein versiertes, längst schon postmodernes Technokratenpersonal, das jeden neuen Ruck durchs Land den zum lebenslangen Lernen verurteilten Bürgern zungenfertig zu verkaufen weiß. “Verdamp lang her” (Niedecken), dass sich noch jemand weniger um die Wirkung als um den Sinn seiner Worte schert. Das Mäzenatentum durch die Sparkasse Köln und anderer Botenjungen des Sachzwangs passt wie die Faust aufs Auge zur postmodernen Kirmes. Die ideologischen Hofnarren haben freilich ein viel vorteilhafteres Bild von sich selbst, denn sie wähnen sich als genialisch Entkommene, die einen panoptischen Standpunkt „außerhalb“ eingenommen haben. „Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen“ (Marx), möchte man solchen Geistestitanen auf den frei schwebenden Astralleib tätowieren. Wie Gott höchstselbst wollen diese pluriversalen Flachzangen jenseits der westlichen und auch aller anderen Welten thronen, hoch über allem menschlichen Geschäft. Vom luftleeren Orbit ihres Wunschdenkens aus verkünden sie, der kapitalistischen Totalität die Idee einer von engagierten Künstlern voluntaristisch auf Vordermann gebrachten Welt entgegenstellen zu wollen. Das Realitätsprinzip verabschiedet sich zuverlässig dort, wo der eigene desolate Status ideologisch aufgewertet wird. Niemand soll die Triftigkeit eigenen oder fremden Geschwätzes noch nachprüfen dürfen.

Wie bei postmodernen Veranstaltungen üblich, geht es um den Abgesang auf das mit dem Abendland  identifizierte begriffliche Denken. Die geschäftigen Ministranten des Zeitgeistes haben seinen leisesten Wink erkannt und ebnen jegliche Vermittlung zwischen Subjekt und Objekt ein. Sie tragen also auch die Hoffnung zu Grabe, dass die Menschen besser als ihre Kultur sein könnten. Wenn etwa pars pro toto Sina Seifee „Einmann-Symposien“ performen möchte, „die [dem] Gedankenfluss keine Grenzen setzen“, soll sich dergestalt dem Abschnurren des Wahns in den solipsistischen Ich-AGs nichts mehr störend in den Weg stellen. Mittels solcher Performanzen reduziert das sich eifrig belügende Subjekt die Außenwelt zum bloßen Stichwortgeber seiner Willkür. Die zuschanden gewordene Sehnsucht nach Autonomie vermag nur noch neue Heteronomien herbeizuträumen. Die Ohnmacht wird zur Allmacht des die Welt gestaltenden Künstlers umgemünzt. Man sieht sich natürlich trotzdem ständig mit einer unnachgiebigen Realität konfrontiert, die schon so manchen kokainösen Machtrausch flugs auf den harten Boden der Tatsachen zurückholte. Der als Blauhelm der Ästhetik Einberufene „beharrt“ auf seinem „Recht“, wie einst in der Maikäfergruppe unter der Obhut kindgerechter Pädagogen „frei, phantasievoll und spielerisch“ zu sein.

Die gefälligen Provokationen der Pluriversale II kündigen sich schon in den Textabgründen des Programmheftes an. Mit der notwendig resultierenden Frustration wächst der Hass auf den absoluten Feind, auf die Anmaßung der Vernunft. Der Wille zum Wahn eint ruhmsüchtige Kuratoren, Kulturförderer und -produzenten, vegane Pfaffen und Anti-Sex-League-Schergen, kunstpolitische Bescheidwisser und marxistische Restpostenverkäufer. Namentlich alle stets dem nächsten kommenden Aufstand entgegenfiebernden Banden dürfen sich eingeladen fühlen, in die Denunziation der „offiziösen Rhetorik einer universell gültigen und simplifizierenden Trauer“ mit einzustimmen. So kaltschnäuzig beschreibt das Programmheft die geplante Gedenkperformance zum dschihadistischen Blutbad gegen Charlie Hebdo. Die von der gleichen Terrorzelle zeitgleich ermordeten Juden sind längst „frei, phantasievoll und spielerisch“ aus dem schönen neuen Narrativ des Programmheftes gelöscht worden. Dafür spricht man mit lüsterner Faszination vom Nahen Osten – „de[m] Fokus diesmal“ – von der „Neuen Welt(un)ordnung am Horizont“, welcher zuviel Kohärenz beanspruchende „reduktionistische Begriffe“ beizukommen nicht in der Lage seien.

Solche Diskurse beschwören die unvermittelte Gewalt als Mittel intersubjektiver „Verständigung“. Daher darf ausgerechnet der Feuilleton-Islamist Pankaj Mishra die Keynote-Rede halten. Er wird dem Leser allen autoritären Ernstes als schlichtweg „einflussreicher Autor“ vorgestellt, der auch schon für die New York Times oder den Guardian schrieb. Mit einer Aufgeregtheit, in der wohl noch die Höhe seiner Gage nachklingt, wird seine geistige Exzellenz herumgereicht wie ein Wanderpokal. Seine hanebüchenen Gedanken beschädigen am Ehesten die intellektuelle credibility der linksliberalen angelsächsischen Presse. Diese druckt ihn ab, um dem von ihr propagierten Isolationismus Amerikas weiter das Wort zu reden, der bereits jetzt schon 100%ig autochthone Morde, Folterungen und Vergewaltigungen über Hunderttausende von Menschen gebracht hat. Relativ sicher vor den Interventionen westlicher Arroganz blühen im US-hinterlassenen Machtvakuum veritable Pluriversa auf: Hinrichtungsplätze, Folterkammern und Sklavenmärkte bringen die isolationistische Flucht vor der Verantwortung zynisch auf den historischen Tiefpunkt. Die gerne subversiv auftretenden Postmodernen liefern den Realpolitikern in Wahrheit genau die relativistischen Ausreden, die sie dazu benötigen, wie sich etwa an Barack Obamas Antrittskapitulation in Kairo leicht nachweisen lässt.

Mishra beschwört in seinem europäisch preisgekrönten Großessay Aus den Ruinen des Empires die Gesinnung der „intelligentesten und sensibelsten Völker des Ostens“[2] und bedient alle antiwestlichen Ressentiments der pluriversal Kulturschaffenden. Der Entdecker und Förderer der Antisemitin Arundhati Roy proklamiert, dass „der Westen nicht länger Quelle guter und schlechter Dinge [ist], reich an materiellen Vorzügen, aber seicht im spirituellen Bereich; er muss vielmehr gänzlich verworfen werden.“

Die deutschen Vorfahren der Akademiemitglieder wussten sich auch mit ihren Kollaborateuren zumindest darin einig, dass wurzellose Juden die Völker vergifteten. Die postnazistische Gesinnungsgemeinschaft weiß sich heute mit Pankaj Mishra darin einig, dass die Gründung des Staates Israel das ärgste, am dringendsten zu sühnende Verbrechen des Westens darstellt. Mishra zufolge ist „die Schaffung einer aus europäischen Siedlern bestehenden Nation im Nahen Osten“ nichts als schiere „rassistische Arroganz“. Von der Shoah macht Mishra immer nur die beiläufigste Erwähnung und bleibt dadurch jener schwerwiegenden Implikationen ledig, die seinen deutschen Gastgebern die „berechtigte Israelkritik“ so erschweren, was ihm den Ehrenplatz als rassisch unbedenklicher Kronzeuge auf ihrem Symposium verschafft. Den „‚jüdischen Staat’“ weiß Mishra wie alle Antisemiten zwischen bannende Anführungszeichen zu setzen, die eine ähnliche Funktion wie Knoblauchknollen im Hinblick auf Vampire erfüllen sollen. Mishras sonst eifrig bemühter Anschein um historische Genauigkeit blamiert sich gerade im Hinblick auf Israel. Er sieht darin nur eine bloße „Scheindemokratie“, eine restlos durch „autoritäre Führer, antidemokratische Strömungen und rechten Extremismus definierte Politik“. Kein Wort zur historischen islamischen Kollaboration mit dem Nationalsozialismus, kein Wort zum islamischen Antisemitismus, welcher alles Jüdische als böse wie auch alles Böse als jüdisch halluziniert und nur durch die israelische Militärmacht daran gehindert wird, seinen metaphysisch begründeten Vernichtungswillen umzusetzen. Mishras ruinöser Antiimperialismus hüllt sich in einen pseudofaktisch-wissenschaftlichen Tonfall und tut doch dabei nichts anderes, als um abendländisches Verständnis für den Wunsch nach „Rache des Ostens“ zu werben. Den von ihm begeistert verstandenen Dschihadisten überlässt er es dann, die Vernichtung Israels ausdrücklich zu fordern. Es ist Mishras methodische Taktik, als lediglich referierender Chronist unterdrückter kolonialer Stimmen aufzutreten, die er durch sein geschicktes Zitieren wortlos affirmiert. Stimmen etwa wie die Dschamal al-Afghanis, Wegbereiter des politischen Islam, oder Sayyid Qutbs, geistiger Begründer der Muslimbruderschaft. Diese und andere Wortführer der Barbarei bestimmten die totale Kriegserklärung gegen Ungläubige im Allgemeinen und gegen die Juden im Besonderen als das zentrale Moment ihrer postkolonialen Gemeinschaftsstiftung. Pankaj Mishra bringt die programmatische Forderung des Akademiemitglieds Mark Terkessidis auf den antizionistischen Punkt, nach welcher das „Gebot zur Kollaboration“ etwas diffus „den ehrlichen Willen zur Mitgestaltung, ein utopisches Moment“ berge. Mishra wird den Besuchern gerne erklären, mit wem sie alles zu kollaborieren haben, um den völkerversöhnenden Hass mitgestalten zu können. Seine Utopie beinhaltet notwendig die Elimination der noch bürgerlich vermittelten Gesellschaft. Hierzu soll blutige Rache an denen zelebriert werden, deren schiere Existenz mit der westlichen Vermittlung und Abstraktion konnotiert ist.

Die Akademie der Künste der Welt lud Mishra ein, ihre antizivilisatorischen Bedürfnisse zu bedienen. In Zeiten antisemitischer Hochkonjunktur verunglimpft ihr Gründungsmitglied Tom Holert in einem Gespäch auf der Website der Akademie Israel als einen der „rivalisierenden Faschismen“, welcher „wieder einmal den Gazastreifen platt gemacht“ habe. Es ist selbsterklärte Aufgabe der Akademie, jede Islamkritik als Rassismus zu ächten, wie es jüngst Stephan Weidner, ebenfalls Gründungsmitglied, einmal mehr tat. So erweist sie sich als wahrhaft deutsche Kulturinstitution. Der Akademie der Künste der Welt geht es nicht um die Erniedrigten, Geknechteten, Verlassenen, Verächtlichen, sondern um ein Bündnis der selbstherrlichen Subjekte für die Befreiung der Menschheit von jeder Möglichkeit von Vernunft und Aufklärung.

[1]     Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Zitate dem Programmheft der Pluriversale II oder der Internetseite der Akademie der Künste entnommen.
[2]     Alle Zitate von Pankaj Mishra stammen aus seinem Buch Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens, Frankfurt 2013, sowie seinem Essay Das westliche Gejammer, aus Die Zeit vom 13.09.2014.

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